Die Idee zum Bereitstellen einer Meldeplattform für Naturbeobachtungen, die gleichzeitig das Vernetzen der Aktiven untereinander ermöglichen sollte, stammt aus der zweiten Jahreshälfte 2006. Ihr zugrunde liegt die umfangreiche Erfahrung derjenigen, die sie ins Leben gerufen haben, denn diese Menschen engagieren sich seit Jahrzehnten selbst intensiv in Sachen Naturbeobachtung und -schutz. Die Geschichte des Projekts von einer guten Idee hin zu einem guten Projekt wird in den folgenden Abschnitten erzählt. In Form von Meilensteinen kann die Entwicklung des Projekts → an dieser Stelle anschaulich nachvollzogen werden.
Gründliche Vorbereitung
Zunächst stand eine gründliche Marktanalyse an: Wer macht was, wie und wo? Des Weiteren wurden die seinerzeit aktuellen Notwendigkeiten für einen nachhaltigen Naturschutz recherchiert und die möglichen Bedürfnisse der Beobachtenden formuliert. Daraus entstand innerhalb einiger Monate ein detailliertes Konzept.
Im Januar 2007 begannen wir mit der Strukturierung, Datenaufbereitung und weiteren erforderlichen Arbeitsschritten. Ein halbes Jahr später, im Juli 2007, gründete sich die naturgucker.de gemeinnützige eG, die zwei Monate später ins Genossenschaftsregister eingetragen wurde. Kurz darauf bescheinigte das Finanzamt Northeim die Gemeinnützigkeit.
Mitte Dezember 2007 begann der Ernst des Lebens: Nach vier Monaten Entwicklungszeit wurde die erste Version der Internetplattform für eine Handvoll Testender freigeschaltet. Am 7. Februar 2008 startete dann schließlich die Alpha-Version ganz offiziell unter dem Namen und der Webadresse naturgucker.de.
Nach einer ersten frühen Generalüberholung des Layouts wurde basierend auf diesem neuen Aussehen eine internationale Version der Seite gestartet: enjoynature.net.
(Hinweis: Ende 2024 wurde die Seite enjoynature.net nach fast 17 Jahren Betrieb eingestellt.)
Offen für alle Interessierten
Nachwuchs ist allenthalben ein Thema. Und genau da punktet unser Meldeportal seit dem Start unter dem Namen naturgucker.de mit vielen Vorteilen: Die Einstiegshürde ist niedrig, die Teilnahme kostet nichts (von den Gebühren für den Internetzugang einmal abgesehen), man kann jederzeit einfach wieder aufhören und man erhält bei Fragen sehr schnell Rat durch Gleichgesinnte. Wegen dieses leichten Zugangs gibt es zahlreiche Menschen, die nur gelegentlich ihre Beobachtungen melden. Weil es sehr viele sind, kommen durch ihre Aktivitäten in der Summe trotzdem zahlreiche → Daten zusammen. Und letztlich ist das Wichtigste ohnehin, dass die Menschen das tun können, was ihnen Freude bereitet. Das Beobachten der Natur und das Melden der Beobachtungen sollen ihnen Spaß machen.
Weil nicht alle Melder*innen über viel Erfahrung verfügen und auf dem Meldeportal Lai*innen ausdrücklich als Aktive erwünscht sind, gibt es immer mal wieder Bestimmungsfehler. Aus → unserer Sicht ist das nicht problematisch. Innerhalb der Gemeinschaft der Nutzer*innen werden meist rasch Hinweise für Korrekturen gegeben. Ergänzend gibt es einen → Fachbeirat, der allen Nutzer*innen → Bestimmungshilfe gibt und eventuelle Fehlbestimmungen aufzeigt. Trotzdem wird es in einem so großen Datenbestand wie dem auf unserem Meldeportal naturgemäß stets eine gewisse Menge von Daten geben, die auf Fehlbestimmungen basieren. Es ist die Aufgabe derjenigen, die die Daten für ihre individuellen Zwecke nutzen, sie vor dem Hintergrund der jeweiligen Fragestellung zu → plausibilisieren und auszuwerten.
Deshalb gibt es auf dem Meldeportal von NABU|naturgucker keine systematische, allumfassende Datenbewertung. Ebenso wenig gibt es bei uns Zugangshürden für Nutzer*innen in Form bestimmter Qualifikationsnachweise oder einschränkende Meldeauflagen.
Stetige Weiterentwicklung
Schon recht bald nach dem Start stieg die Zahl der Nutzer*innen erheblich. Eine ganze Reihe dieser Menschen ist der Plattform bis heute treu geblieben. Von Beginn an haben wir stetig an der Weiterentwicklung der Webseite gearbeitet – inklusive eines großen Relaunchs im Jahr 2014 und einer Überarbeitung der Startseite Anfang 2020 sowie der Erstellung einer für die Anzeige auf Smartphones optimierten mobilen Meldeseite.
Heute ist das Meldeportal von NABU|naturgucker mehr als nur ein virtueller Ort zum Melden von Naturbeobachtungen. Es ist Anlaufpunkt für alle, die wissen wollen, wo es aktuell etwas zu beobachten gibt. Obwohl es in Deutschland keine alte Tradition in der breiten Bevölkerung zum Beobachten der Natur gibt, wie dies beispielsweise in Großbritannien oder den USA der Fall ist, gelang innerhalb der letzten Jahre ein beachtlicher Erfolg für unser Meldeportal: Zurzeit sind 246.163 Aktive Teil der Gemeinschaft und 17.406.969 Naturbeobachtungen sowie 3.640.727 Bilder und Videos sprechen für sich.
Zentraler Bestandteil der Webseite, die in Form des allgemeinen Meldeportals für die Nutzung an großen Bildschirmen und als mobile Meldeseite für die Verwendung auf Smartphones verfügbar ist, ist der freie Zugang zu allen darauf veröffentlichten Beobachtungen, Naturbildern/-videos und Beobachtungsgebieten weltweit. Das heißt, alle Interessierten können diese Daten frei anschauen, filtern und gegebenenfalls auch zitieren. Einzige Einschränkung ist, dass → geschützte Beobachtungen sowie → Daten zu Bildern und Videos sensibler Arten im Sinne des Natur- und Artenschutzes nicht frei zugänglich sind. Dies betrifft jedoch nur einen verschwindend geringen Anteil der auf dem Meldeportal veröffentlichten Beobachtungen, Fotos und Videos.
Diese Möglichkeiten des Meldens von Naturbeobachtungen und der Recherche werden sehr gut angenommen. Jährlich nutzen über 180 000 Menschen (eindeutige Besucher; unique visitors) unser Meldeportal entweder zum Dokumentieren ihrer Naturbeobachtungen oder für ihre Recherche. Pro Besuch bleiben sie rund 10 Minuten auf unseren Internetseiten (Internetdurchschnitt: 1,5 Minuten bis 2,5 Minuten).
Vielfältige Partnerschaften
Seit Dezember 2016 ist der → NABU Bundesverband der strategische Partner von – damals noch – naturgucker.de. Gemeinsam mit ihm haben wir zahlreiche Projekte im Naturbeobachtungsbereich initiiert und durchgeführt, die darauf abzielen, Menschen nachhaltig für die Naturbeobachtung zu begeistern. Hierzu gehörte beispielsweise von 2018 bis 2024 die Mitmachaktion NABU Insektensommer. Um den enorm großen Wert dieser fruchtbaren Partnerschaft und die enge Zusammenarbeit zu unterstreichen, wurde aus der Genossenschaft, die das Meldeportal betreibt, im Februar 2024 schließlich NABU|naturgucker.
Darüber hinaus bestehen enge Kooperationen mit verschiedenen weiteren Partnern aus unterschiedlichen Bereichen. So steht uns beispielsweise → SIGMA als Sponsor unseres jährlichen Fotowettbewerbs zur Seite und das Team von der Pattern Recognition Company (PRC) hat für uns eine auf der Technologie von → Excire Foto basierende KI-basierte Insektenerkennungshilfe entwickelt. Weitere Beispiele sind der → Deutsche Wetterdienst (DWD), mit dem wir ein gemeinsames → Beobachtungsprojekt durchführen, und die → Deutsche Gesellschaft für Mykologie e. V. (DGfM) sowie die → Arachnologische Gesellschaft (ARAGES) e. V. Mit dem → Haupt Verlag haben wir bereits in mehreren Projekten zusammengearbeitet, darunter die Veröffentlichung unseres Werkes → Praxisbuch Naturgucken.
Weitere Aktivitäten
Als erweiterte Möglichkeit zum Dokumentieren von Naturbeobachtungen sowie zum ausführlichen Berichten über Beobachtungen und weitere Aspekte rund um die Natur schufen wir 2015 eine Journal-Plattform: → NABU|naturgucker-Journal. Dort veröffentlichte Beiträge können mit Arten auf dem Meldeportal vernetzt werden und sind dann in einer Auflistung in den Artporträts verlinkt.
Ähnlich weit zurück datiert die Erstellung unseres App-Frameworks in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Haupt Verlag. Mithilfe dieses modularen App-Baukastensystems haben wir seither eine Vielzahl von nativen Apps rund um die Natur mit unterschiedlichen Schwerpunkten veröffentlicht.
Weil diese Apps inzwischen ein wenig in die Jahre gekommen sind, haben wir die Entwicklung hin zu Anwendungen, die wie Apps verwendbar sind, aber ganz einfach per Browser aufgerufen werden können, vorangetrieben. Dabei herausgekommen sind unsere → Aktionsseiten. Momentan laufen die Arbeiten an der Offline-Fähigkeit dieser Seiten. Demnächst können sie wieder als App auf Smartphones installiert und dann auch in Gegenden mit Funklöchern verwendet werden.
Mit der → NABU|naturgucker-Akademie besteht seit 2021 ein virtueller Lernort für alle Naturinteressierten. Sämtliche Lernmaterialien sind kostenlos und bei freier persönlicher Zeiteinteilung nutzbar. Das Portfolio umfasst Lernangebote zu verschiedenen Artengruppen wie → Vögel oder → Säugetiere, zu Lebensräumen (z. B. → Feldflur) und weitere für Naturbeobachtende wichtige Themen wie → umsichtiges Naturgucken.
Seit Herbst 2022 bieten wir unter der Marke → NABU|naturgucker-Reisen verschiedene Reisen mit dem Schwerpunkt Natur an. In unserem Programm finden sich Reisen zu attraktiven Zielen, die hauptsächlich in Europa liegen. Wir legen großen Wert auf klimaschonendes Reisen und empfehlen deshalb, mit der Bahn statt mit dem Flugzeug anzureisen. In unserer freiwilligen → ökologischen Verpflichtungserklärung sind weitere naturschonende Maßnahmen verankert, darunter Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Unsere Fokusreisen knüpfen an die Lernthemen der NABU|naturgucker-Akademie an. Während dieser Reisen, vermitteln Expert*innen – zumeist sind es Kursautor*innen der NABU|naturgucker-Akademie – fundiertes Artenwissen und geben Tipps für die Bestimmung. Des Weiteren gibt es Netzwerkreisen, während derer sich die Teilnehmenden untereinander vernetzen können, um noch mehr Spaß beim gemeinsamen Naturgucken zu haben. Geleitet werden diese Reisen von Menschen, die auf unserer Meldeplattform aktiv sind und die unterwegs ihre Gebiets- und Artenkenntnisse an die Teilnehmer*innen weitergeben.
Umbenennung der Genossenschaft
Um unserer engen Partnerschaft mit dem NABU deutlichen Ausdruck zu verleihen, erfolgte im Februar 2024 die Umbenennung in NABU|naturgucker gemeinnützige eG.
Ausblick
Momentan arbeiten wir im Hintergrund an weiteren Projekten – seien Sie gespannt! Demnächst werden wir hier mehr darüber berichten.