Wichtiger Hinweis
Bei den weiter unten gezeigten Abbildungen handelt es sich um Bildschirmfotos (Screenshots). Eine Bedienung des Meldeportals ist darüber nicht möglich. Um die auf dieser Seite erläuterten Details selbst umzusetzen, rufen Sie bitte an einem Desktop-Gerät (PC, Mac, Laptop) → NABU-naturgucker.de auf.
Wie häufig oder selten eine Art beobachtet wird, kann unter Umständen etwas über ihre Häufigkeit im Sinne ihrer Bestandsgröße oder räumliche Verbreitung aussagen. Jene Arten, die in hoher Individuenzahl vorkommen, werden für gewöhnlich entsprechend häufig beobachtet. Daneben gibt es Spezies, die zwar häufig sind, also große Bestände und eine weite Verbreitung aufweisen, aber aus verschiedenen Gründen nicht oft beobachtet werden: Manche werden übersehen, weil sie so klein sind. Andere sind zu schwer zu bestimmen und Sichtungen werden deshalb nicht auf Artniveau gemeldet. Oder aber es handelt sich um Arten, deren Sichtungen von den Beobachtenden nicht dokumentiert werden, weil sie sie für nicht so wichtig halten – nicht alle Naturbegeisterten melden jede Sichtung einer vermeintlichen „Allerweltsart“. Hinzu kommen weitere Gründe wie zum Beispiel persönliche Vorlieben beim Beobachten. So haben beispielsweise Spinnen oder Regenwürmer eine deutlich kleinere „Fangemeinde“ als Vögel.
Weil aber in der Mehrheit der Fälle der einfache Zusammenhang gegeben ist, dass häufig vorkommende und weit verbreitete Arten oft beobachtet und auf dem Meldeportal gemeldet werden, haben wir eine spezielle Datenkenngröße entwickelt, um die relative Häufigkeit der Beobachtungen einer Art abzubilden. Diese Kenngröße, der mehrdimensionale Arthäufigkeits-Index oder kurz mAI, bezieht sich auf Naturbeobachtungen, die in Deutschland erfolgt und auf dem Meldeportal dokumentiert worden sind.
Es handelt sich beim mAI demzufolge um eine systembezogene, also auf dem Meldeportal bezogene Bewertung. Sie erlaubt keine absolute Aussage im allgemeinen, systemunabhängigen Sinne und somit für alle Meldeportale für Naturbeobachtungen. Allerdings können auf dieser Basis Datenbestände unterschiedlicher Meldeportale grundsätzlich durchaus miteinander verglichen werden.
Auf dem Meldeportal von NABU|naturgucker wird der mAI-Wert in den Artporträts in deren Basisinfos im rechten Teil des Fensters angezeigt, siehe Markierung #1.
Einstufungen des mAI-Wertes
Die farbliche Darstellung der mAI-Wert-Einstufungen in den Artporträts basiert auf folgender Grundlage:
Beispiel Blaugrüne Mosaikjungfer
Die im Beispiel auf dieser Seite gezeigte Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) ist eine Art aus der Artengruppe bzw. Ordnung der Libellen (Odonata), die in diesem Fall die Referenz darstellt.
Zeitpunkt der Analyse: 23. Mai 2023
Anzahl Beobachtungen der Blaugrünen Mosaikjungfer: 15 780
Anzahl Beobachtungen aus der Ordnung Libellen: 186 744
Tagesaktueller mAI-Wert: 103,3 (sehr häufig)
Am betrachteten Stichtag entfielen 8,45 % aller Beobachtungen aus der Artengruppe Libellen allein auf diese eine Art. Die Blaugrüne Mosaikjungfer ist außerdem sehr häufig fotografiert worden. Verglichen mit dem gesamten Datenbestand ihrer Artengruppe (Libellen) ist der Datenbestand der Art (Blaugrüne Mosaikjungfer) groß und damit statistisch gesehen sehr gut. Oder anders gesagt: Er kann als statistisch sehr gut belastbar angesehen werden, und das ganz unabhängig davon, dass sicher die eine oder andere einzelne Beobachtungsmeldung auf einer falschen Bestimmung beruht.
Das beinhaltet der mAI
Folgende drei Einzelindikatoren fließen in den mAI ein:
- Beobachtungs-Intensität beziehungsweise Art/Artenklassen-Intensität (AAI)
Sie dokumentiert den artspezifischen Häufigkeitsanteil an den Gesamtbeobachtungen einer Artengruppe oder Ordnung. Es handelt sich demnach um die Zahl der Beobachtungen einer Art in einem definierten Zeitraum im Verhältnis zur Zahl der Beobachtungen der zugehörigen Artenklasse in einem definierten Zeitraum. - Gebiete-Intensität beziehungsweise Art/Gebiete-Intensität (AGI)
Sie dokumentiert die Verbreitung der Art in Deutschland durch den Anteil der Gebiete mit Meldungen der jeweiligen Art im Verhältnis zur vorliegenden Gebietezahl der Artengruppe oder Ordnung innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die Gebietsbezugsgrößen sind hierbei TK25-Quadranten (TK25Q) und nicht die in NABU-naturgucker.de angelegten willkürlichen → Gebiete! - Melder*innen-Intensität beziehungsweise Art/Melder*innen-Intensität (AMI)
Sie bezieht die Zahl der Beobachter*innen ein, indem sie die Zahl der Artenmelder*innen in einem definierten Zeitraum ins Verhältnis zur Zahl der Gesamtmelder*innen in einem definierten Zeitraum setzt. Arten mit gleich hohen AAI- und AGI-Werten werden mittels der AMI differenziert, also danach, ob es nur relativ wenige oder relativ viele Melder*innen gibt.
Der mehrdimensionale Arthäufigkeits-Index ist folglich eine Größe, die die Daten der Artenklassen, Gebiete und Melder*innen-Anzahl in sich vereint. Es handelt sich bei ihm um eine objektiv ermittelte artbezogene Kennzahl mit höchstmöglichem Aktualitätsbezug, denn die mAI-Werte werden auf dem Meldeportal tagesaktuell neu berechnet.
Was der mAI-Wert aussagen kann
Aus dem mAI-Wert lassen sich oftmals Rückschlüsse auf die Häufigkeit oder Seltenheit einer Art ziehen, wobei die Einschätzungen allerdings aus den eingangs genannten Gründen stets mit Vorsicht zu interpretieren sind. Dabei spielt es insbesondere bei großen Datenmengen keine Rolle, wenn einzelne Beobachtungsdatensätze auf Fehlbestimmungen beruhen. Sie sind statistisch nicht relevant.
Der Libellen-Experte Dr. Jürgen Ott analysierte mAI-Werte der in Deutschland vorkommenden Libellen und glich sie mit dem jeweiligen Rote-Liste-Status der einzelnen Arten ab. Es zeigte sich, dass die mAI-Werte nicht nur mit der Roten Liste korrelieren, sondern erheblich differenziertere Abstufungen als diese aufzeigen. So lässt sich beispielsweise erkennen, ob eine Art zum eher zur nächsthöheren oder zur nächstniedrigeren Gefährdungskategorie der Roten Liste tendiert.
Zudem können die mAI-Werte tagesaktuell ausgegeben werden, wohingegen die Angaben in der Roten Liste einige Zeit alt sind. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Für die Ausarbeitung von Roten Listen finden im Vorfeld standardisierte regelmäßige Beobachtungen (Kartierungen) statt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird der Datenbestand als vollständig angesehen. Basierend auf ihm wird im nächsten Schritt die Rote Liste erstellt, die für einige Jahre gültig ist. Zur Verdeutlichung: 2023 wurde noch immer die im Jahr 2012 veröffentlichte Rote Liste der Libellen als Basiswerk verwendet. Deren Daten wurden teils weit vor 2012 gesammelt und waren demnach im Jahr 2023 über ein Jahrzehnt alt!
In der Zeit nach der Veröffentlichung einer Roten Liste kann sich die Situation der Arten verändern. Diese Veränderungen, die sich im Jetzt abspielen, werden sich erst in einer zukünftig erstellten Roten Liste widerspiegeln, wobei die Daten beim Erscheinen der neuen Roten Liste selbst schon längst wieder veraltet sind. Demnach ist die schon mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung beginnende und stetig zunehmende Überalterung der Daten der Roten Liste ein maßgeblicher Schwachpunkt.
Der mAI-Wert auf dem Meldeportal bezieht tagesaktuell alle Beobachtungen mit ein, die zur jeweiligen Art gemeldet wurden. Damit erlauben sie gewissermaßen in Echtzeit zu jedem Zeitpunkt eine detaillierte Analyse der potenziellen Gefährdungssituation der Libellen, wie Dr. Jürgen Ott in seiner Untersuchung belegt hat. Sein Fazit: Der mAI-Wert stellt eine wertvolle Ergänzung zu den Roten Listen mit größtmöglichem Aktualitätsgrad dar. Seine Ergebnisse hat Libellenexperte in einer Veröffentlichung zusammengefasst, die Sie auf unserer Seite kostenlos abrufen können: → jetzt den Beitrag lesen …
Im Jahr 2017 wurden außerdem die mAI-Werte für die Artengruppe Schmetterlinge in ähnlicher Weise analysiert. Sie korrelieren ebenfalls mit der Roten Liste dieser Artengruppe. Eine Veröffentlichung gibt es zu dieser Analyse jedoch bislang nicht.
Datenexporte
Der mAI-Wert sowie die für seine Berechnung erforderlichen Einzelwerte wurden von NABU-naturgucker.de in die → Exportfunktion integriert. Damit stehen sie allen Interessierten für eigene Auswertungen zur Verfügung. Die entsprechenden Angaben können über das Format „Artenliste plus mAI (max 750)“ exportiert werden.
Lesetipp mit Rechenbeispielen
Damit Sie eine bessere Vorstellung davon bekommen, was es mit dem mAI auf sich hat und was er darstellen kann, haben wir für Sie im NABU|naturgucker-Journal einen ausführlichen Text mit Rechenbeispielen aus der Artengruppe Libellen veröffentlicht: → mehr erfahren …