Seit ihrer Erstsichtung in Deutschland im Jahr 2005, hat sich die Nosferatu-Spinne (Zoropsis spinimana) hierzulande massiv ausgebreitet, und das teils mit unbeabsichtigter Unterstützung durch den Menschen. Der am 30. August 2022 gestartete → Meldeaufruf von NABU|naturgucker und NABU Baden-Württemberg brachte einen erheblichen Zugewinn an Fundmeldungen und resultierte in der größten Citizen-Science-Aktion zur Nosferatu-Spinne. Sie ist ein Beispiel für den enormen Erfolg und hohen wissenschaftlichen Wert von Mitmachaktionen, in deren Rahmen viele interessierte Menschen ohne spezifische Fachkenntnisse ihre Naturbeobachtungen dokumentieren. Dank der eigens für das Vorhaben veröffentlichten → Aktionsseite geht das Dokumentieren der Sichtungen besonders leicht von der Hand.
Unsere 2024 im internationalen Fachmagazin Frontiers in Arachnid Science veröffentlichte Analyse dieser Daten zeigt, dass das Vorkommen der Art zuvor erheblich unterschätzt wurde. Dies wird leicht durch den Vergleich der Fundkarten (≠ Verbreitungskarten) ersichtlich. Anhand detaillierter Beobachtungsdaten und vieler Fotos konnten zudem weitere interessante ökologische Erkenntnisse zu dieser Spinnenart gewonnen werden.
Künftig werden wir unsere Untersuchungen fortführen, da nach wie vor zahlreiche Sichtungen von Nosferatu-Spinnen auf dem Meldeportal dokumentiert werden.
Unsere bisherigen Forschungsergebnisse
In der Studie1 präsentieren wir Ergebnisse aus der vermutlich größten Bilder-, Video- und Beobachtungsdatensammlung zur Nosferatu-Spinne. Im Detail haben wir einen fünfwöchigen Datensatz der Meldungen ausgewertet, was spannende Entdeckungen zutage förderte.
Das Meldeportal von NABU|naturgucker bietet dank der zahlreichen Einsendungen eine sehr große öffentlich einsehbare Bilder- und Videogalerie dieser Spinnenart.
Die gut erkennbare Art (82 % korrekte Artzuordnung der Fotos und Videos) wurde in Deutschland bis vor dem Beginn unserer Meldeaktion offenbar häufig übersehen bzw. blieb undokumentiert.
Es wurden Vorkommen in mehr als 300 TK25-Blätter aus allen Bundesländern neu nachgewiesen.
Die von uns ausgewerteten Beobachtungsdaten (Meldungen mit je mindestens einem Belegbild) zeigen, dass die Art bereits 2022 praktisch deutschlandweit verbreitet war. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern wies bis dahin nur verschleppte Individuen auf.
Die Nosferatu-Spinne lebt in Deutschland gerne in unserer Nähe (49 % der Funde im und um das Haus, 33 % im Insektenschnapper oder Glas). Somit ist die Lebensweise dieser Spinnenart synanthrop, wie es in der Fachsprache heißt.
Erwachsene Individuen und Jungspinnen kommen das ganze Jahr über in Deutschland vor.
Der Datenbestand ermöglichte Rückschlüsse auf ökologische Aspekte wie verlängerte Paarungsaktivitäten und temperaturabhängige Entwicklungszeit im Eikokon.
Nosferatu-Spinnen ernähren sich unter anderem von (anderen) Spinnen, die durchaus auch größer sein können als sie selbst. Außerdem fressen sie Fliegen und Falter.
Für inhaltliche Fragen zum Forschungsprojekt wenden Sie sich bitte gern an Dr. Alexander Wirth.
Künftig Erforschung weiterer Aspekte
Weil nach wie vor etliche Details aus dem Leben der Nosferatu-Spinne unbekannt sind, werden wir in diesem Bereich weiterhin forschen. Wir gehen unter anderem davon aus, dass künftige Auswertungen neu eingereichter Beobachtungsdaten den weiteren Verlauf der Ausbreitung der Art vermutlich auch in Mecklenburg-Vorpommern dokumentieren werden. Außerdem sind wir gespannt auf Bildmaterial, das uns hoffentlich verraten wird, wer die Nosferatu-Spinne in Schach hält. Also: Wer sind hierzulande ihre natürlichen Fressfeinde? Das und vieles mehr wird Gegenstand unserer kommenden Analysen sein. Sie können uns dabei durch das → Dokumentieren bestimmter Aspekte unterstützen.
Originalpublikation
Bildquellen
Freigestellte Nosferatu-Spinnen: 1 (c) Andreas Deppermann/NABU-naturgucker.de; 2 (c) Marina Muhr/NABU-naturgucker.de, 3 (c) Sonja Hahn/NABU-naturgucker.de; Cartoon-Zeichnungen via Pixabay; alle weiteren Grafiken: (c) NABU|naturgucker